Dem einen oder anderen Münsteraner ist das großformatige Gemälde von Meyerratken in der Kneipe „Frauenstraße 24“ bekannt. Dort hatte der Maler als einziger mit Mietvertrag in den 70er Jahren ausgeharrt. Mit seinem Gemälde, das die Hausbesetzer zeigt, schuf er ein Zeitzeugnis der besonderen Art. Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé: „Neben seinen Reisen war für den Künstler die Auseinandersetzung mit den Verhältnissen seines Wohn- und Lebensortes Münster von besonderer Bedeutung wie seine Malerei – inspiriert von unserer Konsumwelt – deutlich macht“.
Offen für Menschen, fasziniert von Landschaften
Schon 1955 zog es den damals gerade 18-Jährigen aus dem Oldenburger Münsterland nach Asien. Mehr als sieben Jahre sollten es später werden, die Gerhard Meyerratken im Ausland verbrachte – neugierig auf Kulturen, offen für Menschen, fasziniert von Landschaften, Natur und Licht. Das Reisen wurde für den Bildhauer und Maler zur Lebensform – trampend, mit Bus und Zug, Schiff und Flugzeug, zwischenzeitlich Geld für das nächste Ticket verdienend.
An der Werkkunstschule Münster ließ sich Meyerratken zunächst zum Bildhauer ausbilden. Ein Studienaufenthalt in Antwerpen (1965/66) und die Ausbildung an der Kunstakademie in Berlin (1966 bis 1969) folgten. Von 1978 und 1989 übernahm der Maler einen Lehrauftrag für Objektgestaltung an der Westfälischen Wilhelms-Universität.
Thema der präsentierten Reiseaquarelle ist die Faszination des Lichtes. „Farbauszüge“ nannte er diese Bilder: „Im Wesentlichen geht es mir (…) um das Festhalten flüchtiger Strukturen und Formen wie Architektur, Mensch, Wolkenbildungen, der Flora und Fauna – und um das Vermögen, Farbtöne in kürzester Zeit genau bestimmen zu können“, beschrieb der Maler seine Intention.
Künstlerisch-kritisch sieht Gerhard Meyerratken die Wohlstandswelt der „fetten Jahre“ nach dem Wirtschaftswunder. In seinen „Recyclingbildern“ - sie werden
im zweiten Ausstellungsteil präsentiert - reagiert er auf die Bilderflut von Konsum und Werbung und hält dem Betrachter einen Spiegel vor. Meyerratken recycelt Kaufhauskataloge, übermalt deren Motive, verfremdet sie. Er malt Kaufangebote und kontrastiert sie mit Pinselstrichen anderer Inhalte. So entsteht ein Spannungsfeld, von dem Ironie ausgeht.
„Nicht der Knecht eines Stils sein“
Immer wieder experimentiert Gerhard Meyerratken und sucht neue Formen künstlerischen Ausdrucks. „Ich will nicht der Knecht eines Stils sein“, betonte er immer wieder. Die Idee seiner Recyclingbilder führt er in Collagen fort. Statt Pinsel benutzt er die Schere, wenn er alltägliches Werbematerial bearbeitet. Bildausschnitte sind hier zunächst im kleinen Format komponiert, dann auf großformatige Leinwände gebracht. Bildnerischer Reiz liegt, zum Nachdenken anregend, in der Gestaltung: Ein Palindrom gibt Rätsel auf, man kann es vorwärts und rückwärts lesen.
Info: Ausstellung „Gerhard Meyerratken. Gemälde, Reiseaquarelle, Collagen“. 14. Juli bis 17. September, Stadtmuseum Münster, Salzstraße 28, dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags/sonntags 11 bis 18 Uhr, Eintritt frei.